• Die künstliche Ruine Rossel im Niederwald © Oana Szekely, VSG

Willkommen im Reich des Grafen Karl Maximilian von Ostein. Sie betreten den historischen Boden eines über 250 Jahre alten „Zierwaldes“. Auf hohem Bergplateau gelegen, war er einst eine Sensation aus Natur, Kleingebäuden und überwältigenden Rheinblicken. Sein Gründer versetze Generationen von Besuchern in Tagträume. Der Graf liebte diesen Flecken Erde und machte ihn zum Hobby. Kaum hatte er den für Forstwirtschaft und Jagd genutzten Buchen- und Eichenwald geerbt, fing er an, einen Teil energisch zu verwandeln. Zwischen 1773 und 1791 entstanden an markanten Stellen Kleingebäude aus Holz und Stein. Sie bildeten Inseln im verwildernden Gehölz und besetzten effektvolle Stellen an den Hängen zum Rhein. Die „Waldhäuser“ kehrten das Gepräge de Landschaft hervor und luden sie mit Stimmungen auf. Im Netz von Alleen und Schlängelpfaden waren sie oft verborgen, damit man überrascht auf sie stieß. Innovativ und liebevoll setzte Graf Ostein auf Illusion und Spielerei. Der nachhaltigste Kunstgriff war, das grandiose Rheinpanorama an den Wald zu binden: Viele Staffagen zieren die Aussichten. Denn unterhalb ändert die Flusslandschaft dramatisch ihr Bild. Weit und paradiesisch die Rheingauer Seite, wild und schauerlich-schön erschien das enge Tal hinter dem Binger Loch. Der Niederwald erlangte überregionale Berühmtheit und gab noch der Romantik Impulse. Er steht sogar am Beginn der deutschen literarischen Rheinromantik: In dem Roman „Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter“ hinterließ ihm der Dichter Clemens Brentano ein bemerkenswertes Denkmal: „Als sich der Abend nahte, ging ich in den Wald ...“

Referenzen:

Johann Heinrich Tischbein d.Ä. (zugeschrieben), Porträt Johann Friedrich Karl Maximilian Amor Maria Graf von Ostein, Öl auf Leinwand
© Schloss Dačice in Tschechien, Foto: Aleš Motejl

Karl Maximilian Graf von Ostein
Clemens Brentano
Brentanos "Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter"
Eine knappe Inhaltsangabe ist unmöglich. Die Geschichte des Barons Godwi spannend, aber schwer verdaulich. Zudem wollte Clemens Brentano die Lektüre des Frühwerks - "verwilderter Roman" untertitelt - bewusst erschweren: Er mischte literarische Gattungen, setzte aber gerade damit neue frühromantische Literaturtheorien um. Das von 1800 bis 1802 in zwei Teilen erschienene Buch hat viele Seiten mehr. Es gibt Persönliches des Verfassers preis, denn "im Godwi steht mein Schicksal laut geschrieben", ließ er 1803 den Freund Achim von Arnim wissen. Es enthält die erste "Lureley"-Sage, Brentanos vielleicht schönstes lyrisches Stück, und definiert das Romantische. Keine Dichtung der Epoche hat das 'Ich' und eine konkrete Landschaft so klar zusammengebracht. Das Natur- und Kunstgefüge des Osteinschen Parks im Niederwald bei Rüdesheim am Rhein erfährt die Figur des Barons Godwi als Spiegel seiner Seele.
UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal
Seit 2002 zählt das Obere Mittelrheintal zu den über 1.000 Welterbe-Stätten der UNESCO. Der Durchbruch des Stromes im Rheinischen Schiefergebirge weist eine unverwechselbar vielfältige, in zwei Jahrtausenden von Menschen gestaltete Kulturlandschaft auf. Das Gebiet erstreckt sich im Herzen Europas auf 67 Kilometern zwischen Rüdesheim und Bingen bis Koblenz. Es birgt ein kompaktes Stück abendländischer Kulturgeschichte. Das Rheintal beglückte Reisende und inspirierte kreative Köpfe. Um 1800 begannen Dichter, die charakteristische Symbiose von Natur und reichen Zeugnissen der Vergangenheit zu idealisieren. Für Heinrich von Kleist war der Landstrich „eine Gegend wie ein Dichtertraum“. Friedrich Schlegel sah „ein in sich geschlossenes Gemälde und überlegtes Kunstwerk". Das Schwärmen kam mit der Rheinromantik in Mode.
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