• Burg Frankenstein aus der Luft © Michael Müller

  • Carl Philipp Fohr, Burg Frankenstein an der Bergstraße, Aquarell und Feder in grau-schwarz auf bräunlichem Papier © Hessisches Landesmuseum Darmstadt

  • Der Torturm von Burg Frankenstein. © Kilian Schönberger

  • Die Ruine der Kernburg, die 1252 erstmals in einer Urkunde erwähnt wurde. © Kilian Schönberger

Was hat die hessische Burg Frankenstein mit dem aus Leichenteilen zusammengeflickten und ins Leben elektrifizierten Monster zu tun? Was verbindet sie mit dem Geschöpf von Mary Shelley? Nichts! Dem Mythos und allen Schauerromantik-Fans zum Trotz: Es gibt keine Belege, die Shelleys Geschöpf aus dem Roman „Frankenstein oder der moderne Prometheus“ (1818) mit dem Gemäuer an der Bergstraße verknüpfen. Weder erwähnte Shelley, die 1814 und 1840 Deutschland bereiste, überhaupt eine Burg. Noch spielt sich das in vielen Kinofilmen popularisierte Geschehen in Hessen ab. Allenfalls das Rheinland streift der berüchtigte Wissenschaftler Viktor Frankenstein, doch nur in einer Nebenhandlung. Der Rummel um Burg Frankenstein ist geschicktem Marketing geschuldet und wird - ohne Quellengrundlage - von manchen für begründet gehalten. Zu einer romantischen Stätte wurde die Burg in der Kunst: Aus Darmstadt kamen Maler wie Carl Philipp Fohr oder Johann Georg Primavesi, die gute Bildmotive im Odenwald suchten und fanden.

Referenzen:

Mary Shelley
"Frankenstein oder der moderne Prometheus"
Mary Shelleys „Frankenstein oder der moderne Prometheus“ ist ein berühmtes Werk der englischen romantischen Literatur. Dem Genre der „Gothic Novels“ ist der Roman allerdings nur bedingt zuzuordnen, da die knapp 19jährige Autorin auf typisches Grusel-Ambiente verzichtete: Keine Ruinen, keine Geister, keine Verliese. Eigentlich handelt es sich um einen Vorläufer der Science Fiction-Literatur. Ursprünglich war die Geschichte um Viktor Frankenstein, der mit seiner Kreatur gegen göttliche Ordnung handelte, radikaler angelegt. 1831 gab Shelley, inzwischen eine erfahrene Schriftstellerin, eine Neufassung heraus. Darin beugte sie sich moralischer Empörung: In einer neuen Einleitung geißelte sie das menschliche Streben, „den gewaltigen Mechanismus des Weltenschöpfers zu verhöhnen“. Schon zu Lebzeiten entglitt Shelley die Kontrolle über ihren faszinierenden Stoff – oft variiert wurde er zum massentauglichen, kulturhistorischen Phänomen.
Carl Philipp Fohr
Schauerromantik
Das Romantische, hatte August Wilhelm Schlegel (1767-1845) gesagt, besteht überhaupt „im Kontraste“. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Paradoxerweise entwickelten sich – von englischen „Gothic novels“ auf den Kontinent greifend – aus der Aufklärung heraus Tendenzen, die sie vielfach irrational wieder untergruben: Die Faszination von Nachtseiten war historisch, psychologisch oder moralisch motiviert, manchmal vom Opium-Konsum der Romantiker. Sie war auch Reflex auf hässliche Begleiterscheinungen der Industriellen Revolution und des rapiden Fortschritts der Naturwissenschaften. Für letzteres steht ein Klassiker grausiger, phantastischer Literatur, der das Rheinland zur Kulisse hat. Mit modernster Elektrizität gebiert Mary Shelleys (1797-1851) genialer Doktor „Frankenstein“ eine elende Kreatur.