Der Rheingau hatte keinen größeren Freund als Nicolaus Vogt. Selbst im Tod wollte er sich von der geliebten Gegend nicht trennen: Der Historiker und Sagen-Sammler ließ Herz und Hirn am Mühlstein im Binger Loch bestatten – ewig vom Rhein umspült. Sentimentalisch bekannte er: „In diesem kleinen Raume verliert man sich auch mit einem ganzen Menschenleben.“ Damals war der Abschnitt zwischen Mainz/Wiesbaden und Bingen/Rüdesheim nicht nur Vogt ein Paradies, eine Inspirationsquelle und vor allem Schauplatz der Romantik. Heinrich von Kleist schwärmte, Robert Schumann erschauerte. Brausende Wälder, liebliche Auen und Berge, Orte wie gemütliche Nester, der breite Strom, unbeschreibliche Aussichten und steinerne Relikte vergangener Heldenzeiten. Hier fand man Heimat, hier konstruierte man Urdeutsches. Die Natur und das Mittelalter, alte Sagen und neue Mythen flossen zu einer Identität zusammen.

Referenzen:

Nicolaus Vogt
Der Komponist Schumann über den Rheingau
"Ich drückte die Augen zu, um den ersten Anblick des alten, majestätischen Vater Rhein mit ganzer, voller, nüchterner Seele genießen zu können - Und wie ich sie aufschlug, lag er vor mir, ruhig, still, ernst und stolz wie ein alter deutscher Gott, und mit ihm das ganze herrliche, blühende, grüne Rheingau mit seinen Bergen und Tälern und den ganzen Nebenparadiesen."
Catoirs Mondschein-Bild
Wie aus einem Fenster blickt der Betrachter durch die Rahmung der Bäume auf eine Gegend mit breitem Wasserspiegel. Weiß strahlt der Mond auf Östrich und den Rhein, als wolle er mit der Sonne in Konkurrenz treten. Scharf tritt der Kontrast von Hell und Dunkel in der Bildfindung des Mainzer Malers Johann Ludwig Catoir (1792-1841) hervor. War dies ein romantisches Element, schließen auch das Verblassen und Verblauen (Luftperspektive) von Ortschaft und Fluss die Landschaft zu einer Stimmung zusammen. Dennoch ist deutlich zu sehen, dass der Künstler noch Bildtraditionen anhaftete: Sein Mond verheißt Lichtfülle wie eine aufgehende Sonne bei Claude Lorrain. Catoirs Konkurrent, der weitaus bekanntere Kollege Caspar Schneider, hatte schon Jahrzehnte vorher Mondscheinstücke gemalt. Dort herrschte wirklich Nacht. In Catoirs Gemälde schwebt der Traum einer friedlichen Idylle hell vor Augen.