• Johann Georg Schneider, Blick vom Niederwald rheinabwärts, 1784, Öl auf Leinwand © GDKE - Landesmuseum Mainz (Ursula Rudischer)

  • Johann Georg Schneider, Blick vom Niederwald auf Bingen, um 1800, Öl auf Leinwand © Sammlung RheinRomantik, Bonn

  • Johann Georg Schneider, Blick vom Niederwald auf Bingen und das Nahetal, 1799, Öl auf Leinwand © GDKE - Landesmuseum Mainz (Ursula Rudischer)

  • Johann Georg Schneider, Herrschaftliches Haus im Niederwald, o. J., Supraporte in Schloss Dacice / Tschechien (Ausschnitt) © Schloss Dačice / Tschechien, Foto: Aleš Motejl

Das Setting für Romantik war auf dem „Ostein“ ideal: Natur und Kunst, ein berauschender Höhenflug hoch über dem Rhein, gigantische Aussichten zu allen Seiten - in die liebliche Rheingau-Weite und das enge bedrohliche Tal des Stromes. So erstaunt es nicht, dass der Osteinsche Niederwald bei Clemens Brentano und Achim von Arnim Kultstatus einnahm. In der Rückschau auf ihre Rheinreise des Jahres 1802 erhöhten sie ihn zum irdischen Paradies. Wehmütig schrieb Brentano noch im selben Jahr: „(...) wie wir auf dem Ostein waren, da war das Leben schön.“ Arnim antwortete: „Ich nenne jetzt den Ostein, Owehstein, jetzt wo ich nicht mehr dort bin (...).“ Für ihn wehte am Orte „eine gewaltige Dichtung“. Doch der Wachtraum der Reisenden war vorgebildet: Das große Waldgebiet hatte der Eigentümer, Graf Ostein, seit den 1770er Jahren mit Bauten verzieren lassen, die Schauplätze der Natur grandios inszenierten. Entzückend war ein arkadischer Tempel, Ehrfurcht gebot eine künstliche, das Mittelalter aufrufende Ruine am Steilhang. Scharen von Touristen waren lange schon über dunkle Wege und Eichen-Alleen gegangen und hatten sich durch dichtes Gebüsch zu solchen Ziergebäuden vorgearbeitet. So groß war der regionale Ruhm des Parks, dass Brentano diese Naturschönheit mit den Kleinarchitekturen schon aufgesucht hatte. Als er ihn erneut mit Arnim erwanderte, war das frühere Erlebnis bereits in Literatur gesetzt: in seinem Roman „Godwi oder Das Steinerne Bild der Mutter“ (1801). Das Buch in der Hand war die Sinnsuche am Ort für den Freund schon geprägt. Selbst das Romantische hatte Brentano im "Godwi" definiert! So erwuchs Stimmung aus Stimmung und Kunst durchfruchtete das Leben.

Referenzen:

Rheinreise
RR 5: Binger Schlucht
Clemens Brentano
Achim von Arnim

Peter Eduard von Ströhling, Bildnis Carl Joachim Friedrich Ludwig Achim von Arnim, 1803/04, Öl auf Leinwand
Ludwig Emil Grimm, Bildnis Clemens Brentano, 1837, Radierung (Ausschnitt)

© Goethe-Haus Frankfurt / Freies Deutsches Hochstift

Achim von Arnim an seine Tante, Gräfin Louise von Schlitz (Brief vom Juli 1802):
Brentanos "Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter"
Eine knappe Inhaltsangabe ist unmöglich. Die Geschichte des Barons Godwi spannend, aber schwer verdaulich. Zudem wollte Clemens Brentano die Lektüre des Frühwerks - "verwilderter Roman" untertitelt - bewusst erschweren: Er mischte literarische Gattungen, setzte aber gerade damit neue frühromantische Literaturtheorien um. Das von 1800 bis 1802 in zwei Teilen erschienene Buch hat viele Seiten mehr. Es gibt Persönliches des Verfassers preis, denn "im Godwi steht mein Schicksal laut geschrieben", ließ er 1803 den Freund Achim von Arnim wissen. Es enthält die erste "Lureley"-Sage, Brentanos vielleicht schönstes lyrisches Stück, und definiert das Romantische. Keine Dichtung der Epoche hat das 'Ich' und eine konkrete Landschaft so klar zusammengebracht. Das Natur- und Kunstgefüge des Osteinschen Parks im Niederwald bei Rüdesheim am Rhein erfährt die Figur des Barons Godwi als Spiegel seiner Seele.

Johann Adolf Lasinsky, Tempel auf dem Niederwald / Le Temple sur le Niederwald. Aus: Croquis pittoresques. Cinquante-cinq vues du Rhin, depuis Mayence jusqu’à Cologne; avec une carte itinéraire du cours du Rhin depuis Mayence jusqu’à Cologne. dessinée d’après nature par J. A. Lasinsky. Francfort s. M. 1829
© Heinrich Heine-Universität Düsseldorf

Osteinscher Niederwald
Johann Georg Schneider