Ludwig Tieck, die wandelnde Bibliothek. Tieck, der schon mit vier Jahren lesen konnte. Der Schöpfer von „Der gestiefelte Kater“ (1797) und der Verse zur „Waldeinsamkeit“ (1796). Der in erster Generation die poetische Romantik mit Werken einleitete, die die alte Literatur ironisch brachen. „Das wunderbare Utopien liegt oft dicht vor unseren Füßen“, meinte Tieck und schrieb, dass Gewohntes fremd wurde. Er war so vielseitig als Lyriker, Erzähler, Kritiker, Literaturtheoretiker, Übersetzer, Herausgeber, Dramatiker, Dramaturg und mimisch bühnenreifer Dramen-Deklamator, dass man ihn zum „König der Romantik“ erhob. Als er die Sommerreise unternahm, war sich der Autor des Krisenanzeigers „William Lovell“ (1795/96) und der religiösen Kunstschwärmerei „Franz Sternbalds Wanderungen“ (1798) erstmals seiner Stärke bewusst. Herausgetreten aus dem Schatten der personifizierten Richtlinien Goethe und der Brüder Schlegel, denen gegenüber er sich demütig zeigte. Angekommen war der Mann, der für Heinrich Heine einer „der tätigsten Schriftsteller der romantischen Schule“ war. Neben Arbeiten in verschiedenen Literaturgattungen gab er alt- und mittelhochdeutsche Lieder heraus und übersetzte Weltliteratur. Die berühmte Sammlung „Phantasus“ (1812/17) kam – zur Lebenshalbzeit – schon wie ein künstlerischer Nachlass daher. Tieck probierte ingeniös Geisteshaltungen und literarische Formen durch. Daher kreidete man dem stets verschuldeten Lebenskünstler wechselnde ‚Manieren’ an. In der mittleren Werk’manier’, so Heine, sei seine Phantasie die eines holdseligen Ritterfräuleins gewesen, das Fabeltiere im Zauberwalde jage. Von Herzen kam dies: Eine „geheimnisvolle Innigkeit mit der Natur“ habe „Herr Tieck“ in Worte gekleidet. Der Fluchtraum der Aufklärung, die empfindsam-enge Natur-Idylle, hatte er geweitet. Die freie Landschaft als Echo der Seele war mit Tieck entdeckt.

Referenzen:

Tiecks Odenwald-Romantik