Die Äolsharfe ist ein romantisch’ Ding. Wahrhaft himmlisch ist ihr Konzert. Der Wind allein streicht über die Saiten dieses Selbstklingers und bringt Luftmusik hervor. Den zufälligen Hauch der Natur auf dem Instrument machte sich der einstige Besitzer der Rheinburg Klopp in Bingen zunutze: Er umgab die Ruine – den Gästen zuliebe – mit zauberischer Schallkulisse. Um 1800 hatte der Notar und Regierungskommissar Hermann Faber das über die Jahrhunderte zerstörte Gemäuer auf einem Weinberg erworben und eine fulminante Touristenattraktion mit prächtigem Garten aus ihr gemacht. Oben im Bergfried brachte er eine nach dem griechischen Windgott Aiolos benannte Harfe an. Ihr Äther-Klang verstärkte die Stimmung ungemein. Die luftgeborene ‚Muse’ bildete Melodiefolgen oder Akkorde, die je nach Windgebläs’ vom Pianissimo zum Forte ansteigen konnten. Zu Fabers Zeit war die Äolsharfe ein Lieblingsinstrument der Romantik. In der Literatur versinnbildlichte sie häufig die Inspiration des Poeten. Novalis beschied, dass wie bei ihren Tönen die Gegenstände des Romantischen „auf einmal, ohne Veranlassung, ohne ihr Instrument zu verraten“ da sein müssten. Die Wetterharfe unterstrich die berühmten Aussichten an den Flüssen Nahe und Rhein, die sich den Burgbesuchern vom Turm der Klopp darboten. „Folter der Lust“, notierte der Journalist Ludwig Börne zum Panorama. Bei den knapp 75.000 Einträgen in den Gästebüchern der Burg findet sich auch der Name des Schriftstellers Victor Hugo. Auf der Klopp, ließ der Franzose seine Leser später wissen, befiel ihn ein „inniges, auserwähltes, unaussprechliches Gefühl, voll kleiner, heimlicher Entzückungen“.

Referenzen:

Novalis (Friedrich Freiherr von Hardenberg)
Victor Hugo
Victor Hugo-Denkmal
Johanna Schopenhauer 1815 über "Schloss Klopp"
„Sie liegt auf dem Gipfel eines Weinberges, der, hoch und steil, sich dicht hinter Bingen erhebt, und dessen jetziger Besitzer, überall zwischen den Reben sehr anmuthige, mit Blumen und Bäumen geschmückte Spaziergänge anlegte, welche zu den schönsten Aussichten führen. (…) Unter diesen gefiel mir vor allen ein kleines Kabinet, gerade am höchsten Punkt der ganzen Gegend. Duftende Blumen und eine unweit davon angebrachte Aeolsharfe sind die nächsten Umgebungen des kleinen traulichen Zimmers, welches eine gewählte Sammlung unsrer besten Dichter, ein bequemes Sopha und einen wohl besorgten Schreibtisch enthält. Es ist ein so anmuthiges ruhiges Plätzchen, daß es mir schien, als brauche ich gar nichts mehr von der Welt, wenn dies Kabinetchen nur mein wäre.“