"Triumph der Religion in den Künsten" (1829-1840) von Johann Friedrich Overbeck ist ein nazarenisches Programmbild. Es ist das Konzentrat einer Grundanschauung. In einem Kommentar hinterließ der Maler, welche Absicht er mit dem fast vier mal vier Meter einnehmenden Werk verfolgte: Die Künste sollen Gott verherrlichen, dann sind sie die "lieblichste Blüte, mit der die Kirche geschmückt ist". Dafür unterteilte er das Triumphbild in eine himmlische und eine irdische Sphäre. Oben die Madonna in einer Gloriole mit den alt- und neutestamentlichen Gestalten neben ihr. Unten die berühmtesten Maler, Kupferstecher und Bildhauer, die ihr huldigen. In Overbeck, der seinen Zeitgenossen als der „bei weitem größte Künstler, der je lebte“ galt, hatten sich die Gedanken des früh gestorbenen Schriftstellers Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773-1798) festgesetzt. Dessen "Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" verstanden den Künstler als Werkzeug zum Lobpreis Gottes. Und Overbeck meinte, diese Idee an 'Kunstjünger' weiterzutragen und eine Erneuerung seiner Zunft in Gang zu setzen. Das Bild sollte als Interpretation der Kunstgeschichte belehrend auf die BesucherInnen wirken und ist eng mit der Gründungsgeschichte des Städelschen Kunstinsitutes verbunden. Doch solches rückwärts blickende Kunstverständnis passte nicht in die Aufbruchstimmung der liberalen Bürgerstadt Frankfurt am Main. Nach seiner Fertigstellung löste das Gemälde heftige Kritik aus.

Referenzen:

Johann Friedrich Overbeck
Die Nazarener
Auf einem Monumentalbild Friedrich Overbecks im Frankfurter Städel reihen sich der italienische Renaissance-Maler Raffael und sein deutsches Pendant Albrecht Dürer unter das Bildpersonal. In dem Gemälde „Triumph der Religion in den Künsten“ (fertiggestellt 1840) durften die Fixsterne der „Nazarener“ nicht fehlen. Mit ihnen hielt man ein verklärtes christliches Mittelalter hoch, als sich die Einheit von Kirche und Staat in Deutschland verflüchtigte. Die Nazarener stellen eine Strömung der Romantik von mehreren Künstlergenerationen mit echter „Corporate Identity“ dar. Raffael und Dürer imitierend, erhoben sie Gottes Verherrlichung zum Programm. Ein Impuls, der auch auf Wilhelm Heinrich Wackenroders frühromantische „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ (1797) zurückgeht. Die Bewegung zu dieser literarischen Kunstbeseelung war geboren, als sich der Student Franz Pforr gegen die Zumutung erstarrten, klassizistischen Lehrbetriebs an der Kunstakademie in Wien wehrte. Mit Overbeck und religiös Gleichgesinnten schmiedete er 1809 einen Club: Der „Lukasbund“, angelehnt an den Heiligen Lukas, der (in der Legende) die Madonna malte. Der Schritt markiert die früheste Gruppen-Abspaltung der Kunstgeschichte. Im Jahr darauf bildeten sie in Rom eine Klostergemeinschaft malender ‚Brüder’-Freunde und damit eine erste Künstlerkolonie. Den Spottnamen „nazareni“, gemünzt auf ihre jesusgleiche Mittelscheitel-Frisur, trugen sie stolz. Die Nazarener, die manche belächelten und die doch später den deutschen Kunstbetrieb eroberten, waren innig-fromm und gefühlig. Die scheinbare Einfalt ihrer treuherzigen Kunst entsprang strengem, puristischem Kalkül. Lauter Paradoxien: In der Rückkehr mutet ihr Protest modern an. In der Hingabe an den Glauben steckte Behauptung von Identität. Im restaurativen Bestreben lag zugleich patriotischer Aufbruch.
Franz Pforr
"Herzensergießungen ..."
Die anonym veröffentlichten „Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders“ aus dem Jahr 1797 von Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773-1798) stellen ein ästhetisches Manifest der ersten Romantiker-Generation dar. Es nahm in Teilen vorweg, was das Jenaer Romantik-Projekt noch theoretisch untermauern würde. Gleich zu Beginn der Satz: „Die Begeisterungen der Dichter und Künstler sind von jeher der Welt ein großer Anstoß … gewesen.“ Ein Aufbruch mit Hingabe, Gefühl und Stimmung. Zusammen mit Ludwig Tiecks Roman „Franz Sternbalds Wanderungen. Eine altdeutsche Geschichte“ des folgenden Jahres gab es Zeugnis eines neuen Kunst- und Lebensgefühls. Die Freunde hatten eine Wanderung nach Franken unternommen und ihre Erfahrungen in der kunstfrömmig, liebevoll und enthusiastisch auftretenden Literatur verarbeitet. Die ‚Herzensergießungen’ sind formal als erzählte Künstlerbiographien aufgebaut, in denen die alten Meister – besonders der Italiener Raffael und der Deutsche Dürer – Verehrung erfahren. Deren Kunst galt als verschlüsselte Form göttlicher Offenbarung. Wackenroders Zuwendung zum Mittelalter und zur Renaissance in den ‚Herzensergießungen’ gilt als „sympoetische Produktion“: Es ist nicht sicher, welche Anteile Tieck zuzuschreiben sind. Tieck (1773-1853) bemerkte in der Nachschrift des ersten Teils seines ‚Sternbald’ zu dem Werk Wackenroders: „Mein Freund suchte in diesem Buche unsre Gedanken und seine innige Kunstliebe niederzulegen, er wählte absichtlich diese Maske eines religiösen Geistlichen, um sein frommes Gemüt, seine andächtige Liebe zur Kunst freier ausdrücken zu können.“